Die folgenden Zeilen schrieb ich am 30.12.2013. Damals hatte ich keinen Newsletter, aber einen Blog, von dem ich niemandem erzählte. Entsprechend hatte ich drei Leser: meine Ma, meine beste Freundin und @DeinGrößterFan – einen anonymen Account, den ich aus Mangel an Hinweisen „meinen Online-Stalker“ nannte. In elf Jahren hat sich nicht nur das geändert. Was gleich blieb, ist die Liebe zu Vintage-Kleidern (das goldschimmernde Slipdress hängt bis heute in meinem Schrank) und das Eingeständnis, noch immer nicht alles besser zu wissen. Aber ich arbeite dran. Guten Rutsch! – Anne
Das Jahr nimmt seinen letzten Atemzug. Und wir schieben bereits jetzt all die unerfüllten Wünsche und hoffnungslosen Hoffnungen auf die nächsten zwölf Monate; Wiedergutmachungen und Sich-endlich-Auszahlen quetschen sich in neue 365 Tage.
Was wir wollen? Alles irgendwie. Endlich den Traumjob, hochkarätig Feingeschliffenes am linken Ringfinger, einen Hintern, den in Dolce & Gabbanas Seiden-Crêpe-Rock nicht sofort die Klaustrophobie überkommt, und eigentlich auch den Taxifahrer von heute Morgen. Denn es gibt immer noch ein bisschen mehr. Und man weiß ja nie.
Doch nehmen wir uns ein kleines Stück vom letzten Bisschen des letzten Abends und sinnieren, beim Aufkorken des Proseccos, beim Haare-Aufdrehen oder während der oben genannte Hintern ins neue goldschimmernde Slipdress schlüpft, dann fällt es auf. Dass wir es doch haben: die Freunde, die zwar die Stadt verließen, doch nie unser Herz. Eine Familie, die wir jedes Jahr erneut an Weihnachten gerne eintauschen würden, ohne die wir jedoch den Rest des Jahres wohl nie ertragen könnten. Und eine Hand, die besser als keine andere auf genau diesen Hintern passt.
Wenn wir, abgesehen von der letzten Kreditkartenabrechnung, dem zerschlagenen Lieblingsohrring und der Waagenanzeige nach Weihnachten, mal genauer hinsehen, war das ganz bestimmt ein gutes Jahr. Mit Küssen und Tränen, schönerem Haar, peinlichen Ohrwürmern, einem eigenen Zahnbürstenkopf und der ersten Anti-Aging-Creme. Weil wir dazulernten. Und das das Wichtigste ist.
Wir wissen nicht, ob es an der Macht des Glückskekses lag oder es der rote Slip war, den wir am vergangenen Altjahrsabend trugen. Darum ist mehr mal wieder mehr: Teiggebäck mit getexteten Zukunftsvisionen, feurige Spitze, vielleicht auch ein bisschen Salz über die Schulter werfen und ein vierblättriges Kleeblatt in der Clutch. Nur um ganz sicherzugehen.
